War Kevin Magnussen der heimliche Held des Miami-Sprints oder war der Haas-Pilot einfach nur unsportlich? So ganz einfach zu beantworten ist die Frage nicht. Magnussen wehrte sich fast den gesamten Sprint über vehement gegen Lewis Hamilton. Dabei überschritt er die Grenzen des Reglements mehrfach, obwohl es für ihn schon früh um nichts mehr ging. Gleich vier Strafen kassierte er für seine Aktionen. Half er damit wirklich Teamkollege Nico Hülkenberg?

Haas profitierte vom Kuddelmuddel am Start. Beide Piloten konnten die Kollision umfahren und so zahlreiche Positionen gutmachen. Hülkenberg schoss von Startplatz zehn auf Position sieben nach vorne, Magnussen sogar von 14 auf acht. Nachdem das Rennen nach einer Safety-Car-Phase wieder freigegeben war, bekam Magnussen mächtig Druck von hinten: Hamilton schickte sich an, den Dänen zu überholen.

Doch so einfach wollte Magnussen den letzten Platz in den Punkten nicht aufgeben. Um sich gegen Hamilton zu behaupten, kürzte er in Runde acht die Schikane ab. Die Stewards notierten nicht nur einen Track-Limit-Verstoß, sondern brummten dem Haas-Piloten eine 10-Sekunen-Strafe auf, weil er sich durch das Verlassen der Strecke einen Vorteil verschafft hatte.

Unmittelbar bevor die Strafe der Stewards kommuniziert wurde, fand sich Magnussen in Runde elf schon in der nächsten strittigen Situation gegen Hamilton wieder. Den Angriff am Ende der langen Geraden in Sektor zwei konterte er, indem er in Kurve elf innen neben die Strecke fuhr und so vor dem Formel-1-Rekordsieger blieb.

Obwohl er die Position erneut halten konnte, war sein Rennen wenige Sekunden später gelaufen, als die erste Strafe der Stewards kam. Doch Magnussen dachte gar nicht erst daran, von nun an langsam zu machen.

In Runde 14 verteidigte er sich so vehement gegen Lewis Hamilton, dass beide am Ende der Geraden geradeausfahren mussten. Die Stewards kamen mit den Strafen gar nicht mehr hinterher. Unmittelbar zuvor hatte Magnussen schon die schwarz/weiße Flagge gesehen, weil er die Strecke bereits dreimal verlassen hatte.

Somit gab es zum Rennende schließlich einen dreifach Aufschlag der Stewards: Für den Konter in Runde elf neben der Strecke kassierte er erneut eine 10-Sekunden-Strafe, weil er sich durch das Fahren neben der weißen Linie einen Vorteil erschlichen hatte.

Die Magnussen-Strafen im Überblick

RundeVergehenStrafmaßStrafpunkte
8Abkürzen Schikane10 Sekunden-
11Abkürzen T1110 Sekunden-
14Abkürzen T1110 Sekunden3
14Track Limits5 Sekunden-

Das gleiche Urteil sprachen die Stewards für den Zwischenfall in Runde 14, als Magnussen Hamilton neben die Strecke drängte. Weil das gleichzeitig sein vierter Track-Limit-Verstoß war, kassierte er noch eine Fünf-Sekunden-Strafe dafür. So addierten sich die vier Strafen auf insgesamt 35 Sekunden, die ihm auf seine Rennzeit angerechnet wurden. Damit wurde Magnussen 18. und Letzter.

Magnussens Erklärung: Für das Team geopfert

"All die Strafen waren fair", zeigte sich der Bad Boy nach dem Rennen einsichtig. "Aber ich musste es machen, um Nico zu schützen, damit er eine Lücke hat. Es war das gleiche Spiel wie in Jeddah: Ich bekomme ein paar Strafen, wir als Team bekommen Punkte."

Tatsächlich fuhr Teamkollege Nico Hülkenberg zunächst direkt vor ihm. Der Deutsche hatte schließlich ein entspanntes Rennen, weil Magnussen den Rest des Feldes aufhielt. Hülkenberg wurde Siebter und holte zwei Punkte - aber das hätte er wohl auch ohne den Teamkollegen geschafft. "Ich glaube, er hatte etwas mehr Reifenabbau als ich. Er ist dann abgefallen und hat sich verteidigt", meinte Hülkenberg nach dem Sprint. Von Team-Taktik war bei ihm nicht die Rede.

Was tatsächlich gegen Magnussens These spricht: Er selbst forderte im Rennen, dass Hülkenberg langsamer fahren sollte, damit er wieder vom DRS profitieren konnte. Das Team aber gab weder Hülkenberg, noch Magnussen Anweisungen für taktisches Fahren am Funk.

Schließlich macht der Däne seinem deutschen Teamkollegen sogar noch einen Vorwurf: "Wir hätten heute mit beiden Autos in den Punkten laden können, wenn wir das Spiel gemeinsam gespielt hätten, also wenn Nico mich im DRS gehalten hätte. Aber an einem Punkt ist er durch die Schikane gefahren, ich habe das DRS verloren und war so verwundbar für Lewis."

Stewards wollen Erklärung von Magnussen: Unsportliches Verhalten?

Damit aber noch immer nicht genug: In Anbetracht der Häufung der Zwischenfälle brummten die Stewards Magnussen noch drei Strafpunkte auf und bestellten ihn nach der Session noch zum Rapport. Der Vorwurf: Unsportliches Verhalten.

Strafpunkte wären in den Richtlinien für die Vergehen eigentlich nicht vorgesehen. Allerdings gibt es Spielraum für die Stewards, von dem sie schließlich auch Gebrauch machten. Damit hat Magnussen nun schon acht Strafpunkte auf seiner Superlizenz angesammelt. Bei zwölf Strafpunkten binnen eines Zeitraums von zwölf Monaten gibt es eine Rennsperre.

Mit den Strafen an sich ging Magnussen noch d'accord, mit der zusätzlichen Härte aufgrund der Härte nicht: "Am Ende des Tages waren es nur zwei Zwischenfälle. Ja, vier Strafen aber das ist nicht das wahre Bild. Ich wusste außerdem nur von einer Strafe und es war für mich noch immer sinnvoll, zu kämpfen."

Am Ende ist es fast schon eine philosophische Frage: Sollte ein Fahrer anders fahren müssen, wenn er schon Strafen eingesammelt hat? "Ich wusste nicht, dass es nicht erlaubt ist zu kämpfen, wenn man eine Strafe hat", meint Magnussen. "Ich glaube nicht, dass es klar ist, dass man seine Art, Rennen zu fahren, an die Anzahl seiner Strafen anpassen muss."

Stewards: Fahrweise nicht okay, aber keine 5. Magnussen-Strafe

Der Däne - durchaus Strafen-erprobt - hat einen Lösungsvorschlag: "Es wäre gut, wenn man dann selbst die Möglichkeit hätte, eine Position herzugeben. Das hätte einen sofortigen Effekt und würde dazu führen, dass es keine Spielchen mehr gibt." Das Problem: Von der Strafe für Magnussen hat Hamilton recht wenig. Er hing noch immer hinter ihm fest und wurde dadurch sogar von Yuki Tsunoda überholt. Am Ende wäre es für Hamilton aber ohnehin egal gewesen, weil er für ein anderes Vergehen ebenfalls bestraft wurde.

Die Stewards waren zwar mit Fahr- und Herangehensweise des 31-Jährigen nicht einverstanden, ließen ihn aber trotzdem noch mit einem blauen Auge davonkommen. In der Frage, ob sein Verhalten unsportlich war, entschieden sie, keine weitere Maßnahme in die Wege zu leiten - zu schwer wiege der Vorwurf, der im Raum stand im Verhältnis zu den Taten. Trotzdem will man sich mit der FIA zusammensetzen, um derlei Fälle in Zukunft zu verhindern.

McLaren fordert Rennsperre für Magnussen

Ginge es nach der Konkurrenz, dann wäre Magnussen nicht so glimpflich davongekommen. "Das ist komplett inakzeptabel", polterte McLaren-Teamchef Andrea Stella. "Es geht darum, dass ein Teilnehmer absichtlich mit seinem Verhalten einem anderen Teilnehmer schadet", erklärte er seinen Unmut.

"Vielleicht muss man ein Wochenende zuhause bei seiner Familie verbringen, über seine Fairness nachdenken und dann zurückkommen. Und wenn wir sehen, dass derjenige dann loyal, fair und mit Sportsgeist seinen Konkurrenten gegenübertritt, dann kann er n diesem Business bleiben", so Stella.